Geschichten ohne Liebe

Vertrauen

Sandra und ich saßen an der Schlachte. Sie hatte ihren vierten Caipirinha und ich nippte an einem Bananenweizen. Eine Jacht tuckerte auf der Weser vorbei, Richtung Meer.

"Weischt Du, mit unsch fungdioniert das nich." Ich nickte und ließ meinen Blick über den Fluss schweifen, der Jacht hinterher. Die Dämmerung setzte gerade ein, aber die Hitze des Tages waberte noch durch die Stadt.

In diesem Zustand konnte man nicht mehr mit Sandra reden, sondern sie nur noch mit sanfter Gewalt nach Hause bringen. Zum Glück kam das nicht so oft vor.

"Inna Beschieung musch man schich versch... vertrauen." Das musste gerade Sandra sagen, nachdem sie mir bei Caipi Nummer 1 gebeichtet hatte, dass sie mit Sven ins Kino gegangen war. Caipis waren bei Sandra immer ein schlechtes Zeichen. Bei Caipi 2 erfuhr ich also, dass sie zusammen geschlafen hatten und bei Nummer 3, dass sie mit mir Schluss machen wollte. Von Caipi 4 verstand ich noch knapp die Hälfte - soviel jedenfalls, dass sie für heute genug hatte. Die Jacht passierte die nächste Brücke und verschwand außer Sicht.

Sandra vertraute darauf, dass ich sie sicher nach Hause bringen würde.

Anbetung

Paula und ich schlenderten durch die Galerie. Mir sagten die Bilder nichts. Es waren nur Farbkleckse auf Leinwand. Paula schien mehr darin zu sehen - ich sah mehr in ihr.

"Hier, schau. Diese Farbkombination. Ist das nicht ein Ausdruck der Kraft, wie der Künstler Rot und Schwarz kombiniert." Ich hing an Paulas roten Lippen und hätte sie zu gern geküsst, aber dann hätte ich ihre Stimme nicht mehr gehört, was auch schade gewesen wäre, ich hörte ihre Stimme, die mich immer an Katie Melua erinnerte, einfach zu gerne. Paula nahm mir die Entscheidung ab, indem sie sich dem nächsten Bild zuwandte.

"Und hier. Das war Gerd Marcks frühe Periode. Man sieht das an dem kalten Blautönen. Angeblich war er da noch in seiner depressiven Phase, weil ihm die erste Frau gestorben war." Ich nickte und versuchte meinen Blick auf das Bild zu richten. Ja, da war Blau drin, aber das Blau in Paulas Augen zog mich mehr an. Es war kein tiefes Blau, eher dem Mittagshimmel gleich, an einem wolkenlosen Tag. Ich hätte mich in diesen Augen verlieren können.

"In diesem Werk hat Gerd mit figürlicher Abstraktion gearbeitet." Sie beugte sich vor, um die Plakette neben dem Bild zu lesen. Ich bevorzugte es, ihren Körper zu entziffern. Paula war ein paar Zentimeter größer als ich - hauptsächlich wegen der langen Beine, deren Waden aus ihren Caprihosen herausschauten. Sie war schlank, aber nicht dünn mit Schulterlangen blonden Haaren, die sich in leichten aber unbändigen Locken um ihren makellosen Hals schlängelten. Und um ihre Brüste zu beschreiben, hätte ich das Licht in der Galerie ausmachen müssen, denn die Haptik war mindestens ebenso perfekt, wie ihre zarte Rundung.

Paula richtete sich wieder auf und wandte sich dem Gemälde zu. "Was wir hier sehen, ist eine Vase mit Blumen." Gut, dass das dabeistand, denn erkannt hätte ich das nicht. Vielleicht auch deshalb, weil meine Augen auf ihrem Hintern und die feinen Rundungen ihrer Hüften gerichtet waren. Meine Augen wanderten langsam nach oben bis in ihr Gesicht, das mir plötzlich zugewandt war, weil sie sich umgedreht hatte.

Ich bewunderte den Verstand, der sich unter ihren Locken verbarg. Paula studierte Kunst und würde in Kürze einen ausgezeichneten Abschluss über Abstrakte Malerei in der Moderne machen. Sie lächelte.

"Oh Gott oh Gottogott. Da ist er ja. wusstest Du, dass der Künstler hier ist? Entschuldige mich eine Sekunde. Ich muss ihm sagen, was mir seine Werke bedeuten."

Bauchgefühl

Claudia kam aus Rumänien und war nur kurz in Bremen zu besuch, aber als sie mich zum Abschied küsste, hatte ich dieses kribbeln im Bauch, das ich seit dem bei jeder neuen Beziehung suche. Leider war Claudia schon vergeben - an Markus (mit k) und zwar glücklich.

Leidenschaft

Lisa und ich lagen im Bett. Liegen ist eigentlich der falsche Ausdruck, halb lag ich, halb kniete ich über Lisa und spürte, wie sich ein Krampf im rechten Bein ankündigte.

Die Vorhänge verbargen uns vor neugierigen Blicken, draußen klopften Regentropfen an die Scheibe. Die Bettdecke hatte sich schon auf den Fußboden zurückgezogen -uns war auch so warm genug. Die Stereoanlage trällerte Bruce Springsteen "Down by the River" während ich meine Finger über Lisas schweißnassen Körper gleiten ließ. Die dunklen Wolken kauerten tief am Himmel, ließen die schwüle Luft von einem Blitz zerreißen. Kurz darauf folgte der Donner.

Verwegen suchten meine Hände ihren Körper ab, während mein Mund ihren Hals kostete und sich über die Schulter zu ihren Brüsten vorarbeitete. Lisa atmete schwer, gleichzeitig erkundeten ihre Hände meine Körperteile und suchten etwas, das sie auch bald in Händen hielt. Ich streckte das Bein und ließ es an ihrem Körper hinunterrutschen.

"I'm on Fire" begleitete unsere körperlichen Exkursionen. Ein Fenster klapperte vergnügt in einem Windstoß.

Endlich erreichten meine Fingerspitzen den Ort, den sie so begehrlich gesucht hatten, und gruben sich in die dichten Haare. Lisa machte mit der rechten Hand eine Pause. Ihr Körper drückte sich gegen meinen und sie dirigierte meine tastenden Versuche zu dem Punkt, an dem sie meine Finger spüren wollte.

Es kostete etwas Konzentration meinerseits die Bewegungen langsam und gleichmäßig auszuführen, während Lisas Atem im gleichen Maße schneller und flacher wurde und der Schmerz im Bein einfach nicht nachlassen wollte. Aber aufhören konnte ich jetzt auch nicht.

Lisa schloss die Augen und drückte das Becken ein klein wenig stärker gegen meine Hand, ihr Puls beschleunigte - meiner auch.

Die Boxen der Stereoanlage tanzten zu den aufgedrehten Bässen von "A Good Man Is Hard To Find".

Lisa griff mit der linken Hand über ihren Kopf und klammerte sich an das Bettgestell, welches überrascht knarrte, als sich alle ihre Muskeln anspannten. Mit der linken Hand stützte ich meine Körper, während meine Zunge im gleichen Rhythmus um ihre rechte Brust zu kreisen begann, wie meine Hand eine Etage tiefer um ... denkt euch euren Teil. Und ich konnte das Bein nicht ausstrecken, weil ich Lisa dann mit den Zehennägeln gekratzt hätte.

Unsere Klamotten hatten sich im ganzen Zimmer verteilt. Ihr Rock auf Aussichtsposten auf dem Schrank. Ihr BH und meine Unterhose hatten sich unter dem Bett versteckt.

Bruce und die Stereoanlage hämmerten "Hungry Heart" in die Dielen und Wände.

Plötzlich fing Lisa an zu lachen.

"Hi, hi. Das kitzelt... Nein nicht aufhören!" Ich zuckte zurück, die Stimmung war futsch.

"Lucky Man" klang jetzt ironisch aus den Boxen. Und das Bett seufze, als ich mich neben sie fallen ließ. Glücklich darüber waren nur die Muskeln in meinem Bein.

Mitgefühl

"Tut das weh?" fragte Betty. Ich betrachtete die blutige Kerbe in meinem Zeigefinger. Ich war nie sehr geschickt darin gewesen Zwiebeln zu schneiden und würde es in diesem Leben auch nicht mehr lernen. Während Betty meine linke Hand in die ihre nahm, um den Schaden zu begutachten, wischte ich mit dem Ballen der rechten einen Blutstropfen von der Anrichte. Betty trug eine blaue Bluse, Jeansrock, weiße Pumps und die glatten brünetten Haare waren mit einer Haarspange hochgesteckt.

"Ich glaube, er hängt noch an den Sehnen." Antwortete ich, in dem Versuch einen Scherz zu machen, während sie mich ins Bad zog. Gerd, der Maler, und Paula beobachteten uns amüsiert. P.& G. hatten uns zum Essen eingeladen - natürlich ohne mir zu sagen, dass Betty auch kommen würde, oder dass sie mich mit Betty verkuppeln wollten.

"Irgendwo muss doch hier Jod zu finden sein." Betty war sicherlich in einem früheren Leben Krankenschwester gewesen. Beim Kräuter hacken, hatte sie mir erzählt, dass sie in dieser Reinkarnation in einer Bank als Anlageberaterin arbeitete.

Sie durchsuchte die Schränke, nicht ohne die Etiketten der Tabletten aufmerksam zu studieren. Ich steckte den Finger in den Mund, um nicht das Badezimmer einzusauen und blickte ihr über die Schulter. Ich hatte das Jod schon im obersten Regal entdeckt, aber Betty war fast einen Kopf kleiner als ich und ich stahl hin und wieder einen Blick an ihrem Hals hinab zum Ausschnitt ihrer Bluse - hey, ich bin nur ein Kerl, wir haben unsere Augen nur ganz begrenzt unter Kontrolle.

"Ah, da haben wir es ja," verkündete Nurse Betty (Sie hatte tatsächlich ein wenig Ähnlichkeit mit Renée Zellweger - in Bridget Jones allerdings).

Ich musste entscheiden, wie ich das spielen wollte. Immer eine schwierige Gradwanderung, denn entweder steht man als grober Klotz und Macho da, wenn man sagt, es sei nichts. Andererseits mögen viele Frauen diese weinerlichen Typen nicht.

"Halb 'o schlimm. Es hat 'on aufgehört zu bluten." Erklärte ich deshalb und nahm den Zeigefinger aus dem Mund. Betty ließ sich davon nicht beeindrucken. Sie griff den Finger, hielt ihn unter das kalte Wasser - das stach jetzt erst richtig. Und verpasste ihm dann eine Dosis Jod, die auch für eine Beinamputation ausgereicht hätte. Keine Ahnung, ob sie wusste, was sie tat, oder nur zu viel Emergency Room geschaut hatte.

"Aua," erklärte ich, der Form halber.

Wenigstens hatte einer von uns seinen Spaß. Ich biss nur die Zähne zusammen. Dieses Jod war das echte Zeug und nicht so ein Kinderkram, von dem man nichts spürt.

Betty hätte mir wohl auch noch eine Armschlinge verpasst, wenn die Utensilien im Bad herumgelegen hätten.

Verständnis

Sandra vertraute mir wieder und so machten wir einen Trekkingausflug. Ich hasse Trekking. Wandern, in Zelten schlafen, das ist einfach nichts für mich. Ich tat das nur Sandra zum Gefallen.

Am ersten Tag waren wir vier Stunden gewandert und der einzige Grund, warum meine Füße nicht von Blasen überzogen waren, war, dass Sandra mich durch drei Trekkingläden gescheucht hatte, bevor wir wirklich gut passende Schuhe und Socken gefunden hatten. Diese Socken pellte ich mir jetzt von den Füßen uns stellte sie neben die Stiefel vor das Zelt - viellicht würden sie ja wilde Tiere abschrecken.

Das Zelt war klein, aber ich wurde nicht klaustrophobisch, da ich noch viel mehr Angst vor dem hatte, was da draußen auf mich lauerte.

Füchse, Wölfe, tollwütige Eichhörnchen, blutlüsterne Zecken und Mücken, mehr Mücken und noch mehr stechende, beißende, saugende und schlürfende Mücken.

Bei Sandra schien das Autan-Zeug zu helfen, dafür verkosteten die Mücken ausschließlich mein kostbares Blut. Ich war schon ganz blass und zählte 42 Stiche. Aber es juckten höchstens dreißig davon.

Der Wald ist nachts nicht besonders ruhig. Es zirpt und zwitschert, knarrt und schreit und ächzt die ganze Nacht.

Ganz zu schweigen vom Schnarchen aus dem Nachbarschlafsack. Ja, Sandra schnarcht. Seltsamerweise nicht zu Hause im Bett, sondern nur auf einer Isomatte mitten im Wald. Ich hätte ihr am liebsten die Tannenzapfen in den Hals gesteckt, die sich durch Schutzfolie, Matte und Schlafsack in meine Rippen drückten, aber dafür hätte ich das Zelt mit dem Klappspaten untertunneln müssen. Sandra hatte noch gesagt, dass ich Unebenheiten beseitigen sollte - ich war nur zu Müde gewesen.

Ich war immer noch müde. Es war halb drei Uhr nachts und ich hatte noch kein Auge zugetan.

Und ein Klappspaten. EIN KLAPPSPATEN! Wie konnte man mit so einem Ding seine Notdurft verrichten. Ich musste wohl froh sein, dass wir eine Rolle Klopapier mitgenommen hatten und keine Brennnesselblätter verwendeten - wahrscheinlich sind die gut für die Durchblutung und helfen gegen Hämorrhoiden. Was gäbe ich für ein paar Hämorrhoiden, wenn ich mich dafür nicht durch Unterholz schlagen müsste. Mit einem KLAPPSPATEN.

Als ich mich um fünf Uhr zum dreihundertzweiundfünfzigsten Mal von einem Tannenzapfen auf den anderen gewälzt hatte, weckte ich Sandra.

"Hmm?" machte sie verschlafen. "Bist Du schon wach?" Sie blinzelte in die Morgendämmerung, die durch die dünnen Zeltwände schimmerte.

"Ich halt' das nicht mehr aus. Ich brauch' ein Hotelzimmer, eine Dusche und abschließbare Türen. Ich will Zimmerservice und eine Matratze unter meinem Hintern."

Sandra kroch mir mitsamt Schlafsack entgegen und gab mir einen Kuss - das lies mich in meinem Gejammere innehalten.

"Ich hab mir schon gedacht, dass das nichts für Dich ist. Danke, dass Du es trotzdem versucht hast."

Reife

Gudrun und ich hatten eine Decke auf der Liegewiese ausgebreitet, irgendwo hinten im Bürgerpark, wo sich nicht ganz so viele Leiber drängeln. Ich glaube, es war in der Nähe des Gerdespavillons. Gudrun war fünf Jahre älter als ich und packte die besten Picknickkörbe, die ich kannte: Eier, hart aber nicht trocken, den vernünftigen Schinken nicht aus Parma, aber duftend lecker und nicht zu trocken, nicht zu nass, manchmal Lachs und diese kleinen Kirschtomaten, ganz zu schweigen von den Brötchen - hmmm. Und Gudrun konnte Toast mit einem Bunsenbrenner toasten, wofür ich sie - und ihre Maniküre - stets bewunderte.

Die Sonne brannte mir auf den Bauch und ihr auf den Hintern. Ich hatte mich auf die Ellenbogen aufgestützt und beobachtet ihren Po, der im Moment nur von einem String-Tanga zusammengehalten wurde.

Vielleicht würden wir uns später ein schattigeres Plätzchen unter den Bäumen suchen. Der Picknickkorb wartete da schon auf uns, damit die hart gekochten Eier nicht wieder warm wurden und die Getränke kühl blieben.

Ich sinnierte über unsere Beziehung. Sicherlich hätte sie noch Leidenschaftlicher sein können und ich vermisste das Kribbeln im Bauch.

Aber Gudrun war eine wundervolle Gesellschaft.

Sie konnte witzig sein und trotzdem zuhören, wenn die Fantasie mit mir durchging.

Sie verstand nicht alles, was hin und wieder über Quantenmechanik von mir gab - aber sie fragte nach.

"Woran denkst Du?" murmelte sie in das Handtuch, auf dem ihr Kopf ruhte. Ich sah zu ihr runter. Sie hatte mir ihr Gesicht zugewandt und blinzelte mit einem Auge gegen die Sonne an. Zum ersten Mal in meinem Leben traf mich diese Frage nicht unvorbereitet. (Sonst stottere ich immer, weil ich entweder überhaupt nichts gedacht habe oder weil ich sie in Gedanken ausgezogen und mein Kopf voller Sex war.)

"An Dich ... An uns"

"Das ist schön." Sie schloss das Auge wieder.

Ich glaubte, ich hätte mich in den letzten Jahren verändert, wäre vielleicht endlich bereit für eine Beziehung, die auf solideren Beinen steht.

Treue

Ich hatte mich geirrt. Die Beziehung mit Gudrun hielt ein halbes Jahr, dann betrog ich sie mit Lisa und wir trennten uns.

Anstrengung

Andrea traf ich bein Joggen. Irgendwann hatte ich gemerkt, dass sie regelmäßig mittwochs und sonntags um 8:30 Uhr an der Rolandklinik vorbeikam. In der Regel überholte sie mich, weil ich so langsam dahinzuckelte.

Ich richtete es danach öfter ein, dass ich ebenfalls zu dieser Zeit an diesem Ort war. Andreas lange hellbraune Locken hatten es mir angetan, wie sie, zu einem Pferdeschwanz gebunden hin und her schwangen. Ganz zu schweigen von der engen Jogginghose, die sie trug - ich könnte wieder von einem hübschen Hintern schwärmen, aber meine Analfixierung dürfte schon deutlich genug geworden sein.

Nur so viel: Ihr Höschen zeichnete eine feine Kontur unter der engen Jogginghose.

Irgendwann einmal würde ich so schnell laufen können, um mit ihr mitzuhalten.

Nach vier Wochen war sie nur noch doppelt so schnell wie ich und wir hatte schon hin und wieder das unter Joggern üblich "Moin" und "Gun'Morgen" ausgetauscht.

Ich war etwas zu früh dran und nestelte an meinen Schnürsenkeln, nachdem ich solange gestretcht hatte, dass ich dachte, mir würden die Waden abfallen.

"Sag mal. Verfolgst Du mich?" Ich drehte den Kopf nach oben in die Sonne und blinzelte in Andreas Gesicht. Mir war gar nicht aufgefallen, dass ich sie eigentlich immer nur von hinten gesehen hatte. Gegen die Sonne konnte ich allerdings auch nicht viel erkennen. Augen, Nase, Mund, alles da. So weit so gut.

"Was ich? Nö. Pffft. Wie kommst Du denn darauf?" sagte ich nicht. "Ja." versuchte ich es statt dessen ehrlich.

"Ich hatte mich schon gewundert, warum es so leicht geworden ist, Dich abzupassen. Mein Name ist Andrea."

Ich grinste und hätte mich gerne im Gras gekugelt, vor Freude.

Hingabe

Sandra und Paula saßen mir gegenüber in einer Nische im Shagall und wir beobachteten die Leute, die sich auf der Tanzfläche abmühten. Ein Zufall, dass ich die Beiden hier getroffen hatte. Ich wäre lieber mit Andrea hier gewesen, aber sie war irgendwo in Süddeutschland unterwegs.

Es war etwas zu laut, für eine kohärente Unterhaltung, aber die Musik war tanzbar und gut. Sandra und Paula hielten Händchen unterm Tisch und hatten mir zugelächelt, als ich mich vorbeidrücken wollte. Da musste ich mich dazusetzen.

"Was ist mit Gerd passiert?" Wandte ich mich an Paula. Sie war noch immer anbetungswürdig, aber da ich weder Künstler noch Frau war, hatte ich wohl keine Chancen mehr bei mir. Ich vermute sie war mit mir ausgegangen, weil ich mit ihr die Galerien abgeklappert hatte.

"Der hat mehr mit seiner verstorbenen Frau geredet als mit mir," würgte sie das Thema ab.

Ich zuckte mit den Schultern, warf einen Blick auf die Tanzfläche, dann auf Sandra. Sie hatte eine Cola vor sich stehen, das zumindest war ein gutes Zeichen.

Sandra und Paula saßen dicht beieinander und warfen sich immer wieder Blicke zu, während wir über Belanglosigkeiten redeten. Ich fühlte mich wie das dritte Rad am Wagen mit diesen beiden Turteltauben. Aber ich genoss die Blicke der anderen Kerle, die mich beneideten, weil ich da mit zwei schicken Mädels saß.

(Es ist wohl so, dass es nicht in die Verschaltung der männlichen Neurone passt, dass sich die Welt nicht allein um den Kerl drehen könnte.)

Ich verabschiedete mich nach ein paar Minuten von den Beiden und gab mich dem Tanz hin.

Eifersucht

Mit Andrea auszugehen war die Hölle. Sie kannte ausschließlich männliche Supermodels mit Doktorabschlüssen und alle waren sie witzig, eloquent und schlagfertig.

Ich geriet jedes Mal in Panik, wenn wir ausgingen. Mit keiner anderen Frau war ich in so vielen unterschiedlichen Lokalen. Aber Andrea war mehr an Sport interessiert und schleppte mich von einem Event zum anderen. Das Schlimmste war, dass ihre Freunde ganz Bremen infiltriert hatten; Sie gewannen die Badeinselregatta und das Volleyballspiel beim Sommerfest an der Uni, belegten vordere Plätze beim Hansemarathon und schrieben Gedichte, die beim Slam-Poetry beklatscht wurden.

Was fand diese Frau an mir. Sollte sie nicht mit diesen Typen ein paar nietzeanische Übermenschen zeugen?

Andrea lachte öfter, wenn sie mit diesen Adoni zusammen war. Sie war entspannter, wenn die Kerle in der Nähe waren und sie hatte nicht das gleiche Leuchten in den Augen, wenn sie mich ansah.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus.

"Warum bist Du mit mir zusammen? warum nicht mit diesen Typen?"

Sie lachte. "Die sind doch alle schwul. Und der da vorne ist mein kleiner Bruder."

Spaß

Ich traf Trischa (eigentlich Patrizia, aber auf diesen Namen stand sie nicht so) bei einem Vortrag über Kenia. Ich wäre da nicht hingegangen, wenn ich mich nicht von der Trennung mit Andrea erholen musste. Sie war ein Kenia-Fan gewesen.

(Wie ich auf den Beginn des Vortrags wartete, war es vielleicht doch nicht so eine gute Idee gewesen, auf diese Weise Salz in die Wunde zu streuen.)

Trischa war die Erste, die einen Scherz machte und mir fiel tatsächlich eine Bemerkung ein, die sie prusten lies. Von da an ging es nur noch abwärts mit uns. Wir wären von den Stühlen gerutscht, aber die Polster hatten zu viel Reibung.

"Löwen oder Erdmännchen? Das kann man auf dem Dia beim besten Willen nicht erkennen," flüsterte sie.

Ich kniff die Augen zusammen: "Erdmännchen! Ganz sicher. Die sind dafür bekannt, dass sie Zebras jagen."

Es war nicht, was wir sagten, es war unsere Stimmung, deshalb muss ich hier enttäuschen und kann den Dialog nicht wiedergeben. Wir versuchten leise zu sein, aber unser Gegacker führte leider dazu, dass wir in der Pause gebeten wurden doch eine Zirkusvorstellung aufzusuchen, oder - sollte kein Zirkus in der Stadt sein - selbst eine zu geben.

Wir suchten das nächste Café heim, da wurden wir nicht rausgeworfen, aber einige Gäste drehten sich nach uns um. Zumindest lächelten sie, wenn wir sie anlachten. Dann lästerten wir über sie - leise - wenn sie sich wieder ihrem Essen zuwandten.

"Wie heißt Du?" frage ich zwei Stunden später, als wir heiser das Lokal verließen.

"Trischa, eigentlich Patrizia, aber auf den Namen steh ich nich' so."

"Ich würde dich gerne wiedersehen?"

"Ich heirate nächste Woche."

Gewohnheit

Es war wieder Donnerstag. Sabine und ich saßen auf dem Dach des Alex, und während ich meinen Cappuccino mit der zweiten Tüte Zucker versüßte, nippte sie an ihrem Latte Macchiato. Wir waren jetzt seit vier Monaten zusammen.

Ich tippte mir an die Oberlippe und Sabine wischte sich den Milchbart von ihrer.

Der Himmel bezog sich langsam mit dunkler werdenden Wolken, aber es war noch herbstlich warm, so dass wir die Jacken über einen dritten Stuhl gehängt hatten.

"Es wird heute noch regnen," bemerkte Sabine.

"Ja. Das hat der Wetterbericht vorhergesagt," stimmte ich zu.

"Man merkt, dass es Herbst wird," beobachtete Sabine.

"Aber wir hatten einen schönen Sommer," entgegnete ich.

Sabine nickte: "Ein paar schöne Wochen waren dabei."

Wir ließen unsere Blicke über den Domshof schweifen. Die Stadt war belebt, aber nicht überlaufen, es war noch Zeit bis zu den Weihnachtseinkäufen und die Konsumpanik würde noch ein paar Wochen auf sich warten lassen.

"Wie macht sich der neue Kollege im Büro?" wollte ich nicht wissen, aber ich fragte trotzdem.

"Ganz ordentlich. Ist nicht der Schnellste beim Lernen, aber wenn er erstmal kapiert hat, was er machen soll, dann geht's ganz gut."

Sabine lächelte - ich lächelte.

"Ist das nicht Sandra?" rief sie plötzlich.

Ich verfolgte ihre Blicke und erblickte die Verflossene, wie sie Richtung Haltestelle schlenderte. Sabine hatte schon ihr Handy aus der Handtasche gefischt und einen Augenblick später hielt sich Sandra das ihre ans Ohr.

"Schau mal nach oben ... weiter rechts." Sie winkte. Sandra winkte zurück. "Zeit raufzukommen? ... bis gleich."

"Sie kommt hoch," erklärte Sabine.

"Wie nett," antwortete ich.

"Paula hat Schluss gemacht," begrüßte uns Sandra, ließ sich auf den freien Stuhl fallen und bestellte einen Caipirinha.

Neugierde

Ich lag auf dem Rücken, auf ihrem Bett. Die Handgelenke mit Seidenschals an die Bettpfosten gefesselt. Diana saß auf meiner Brust und ich hatte etwas Schwierigkeiten beim Atmen. Was nicht an Dianas geringem Gewicht lag, sondern an der Batterie an Räucher- und Duftkerzen, die das Zimmer erhellten und vernebelten. Diana trug kurze braune Haare und sonst nichts. Meine Augen tränten etwas und so hielt ich sie lieber geschlossen, während ich mich von ihr verwöhnen ließ. Die Knoten waren nicht fest, wenn ich nicht daran zog, würde ich sie mit zwei Fingern lösen können. Im Moment wollte ich das aber nicht.

Diana war Rechtsanwaltsgehilfin und ich war so leichtsinnig gewesen, von ihren Fantasien erfahren zu wollen. Sie drückte mir eine Erdbeere zwischen die Zähne und küsste mich. Da sie auf mir saß, musste sie ziemlich gelenkig sein, um sich dabei nicht die Wirbelsäule auszurenken.

Langsam rutschten ihre Lippen und die kreisende Zunge an meinem Körper hinunter. Diana kniete jetzt über mir. Wenn ich jetzt kam, würde ich gewiss die Decke einsauen.

"Aua."

Ich riss die Augen auf. Plötzlich hatte ich einen Wachstropfen auf der Brust. Diana lächelte und küsste die brennende Stelle. Dann rutschte sie wieder ein paar Zentimeter tiefer und der nächste Tropfen brannte sich in meine Haut. Aus etwas größerer Höhe diesmal, aber immer noch sehr heiß. Und plötzlich hatte Diana einen Eiswürfel in der Hand - der Sektkühler stand in Reichweite neben dem Bett.

Sie steckte den kalten Würfel in den Mund und liebkoste die angesengten Stellen mit ihrer eisigen Zunge. Ganz langsam arbeitete sie sich so meinen Bauch hinunter.

Ich zitterte und stöhnte abwechselnd. Bis mir klar wurde, dass sie nicht unter meinem Bauchnabel aufhören würde.

"Stopp! Ich kann das nicht." Ich hatte tatsächlich Angst.

Diana grinste mit einem kleinen Rest Eis zwischen den Zähnen: "Chade."