Weltuntergang

Hannes Jäger schlug mit der Machete auf die unschuldigen Äste des Unterholzes ein. Der Schweiß lief ihm in die Augen.

Die Pyramide schien viel zu langsam näher zu kommen. Riesig weiß ragte sie in dem Himmel über Yucatán und wartete auf ihn.

Und Hannes lief die Zeit davon. Bis Sonnenuntergang musste er die oberste Terrasse erreichen. Doch der Stern schien schneller zu sinken, als er sich durch das Dickicht schlagen konnte.

Alle hatten ihn für einen Spinner gehalten, als er seine Formeln auf Facebook gepostet hatte. Aber jetzt mehrten sich die Zeichen und sie bestätigten seine Berechnungen. Heute um 19:37 würde die Welt untergehen. Es gab einen Weg das aufzuhalten. Aber die Götter würden nicht so einfach zu besänftigen sein. Diesmal wollten Sie Blut.

Und wenn niemand sonst bereit war, es zu geben, Hannes war es.
Sie hatten versucht, ihn aufzuhalten. Männer in weißen Kitteln, Ärzte, Psychologen und Freunde. Aber sie waren verblendet und unwissend, sahen nicht, was direkt vor ihnen lag.

So offensichtlich, wenn man nur die heiligen Bücher nahm und aufmerksam las.

Ein letzter Schlag, das Seufzen einer Liane und dann stand er auf der Lichtung, auf der sich die Pyramide erhob.

Hannes stutzte.

Er war nicht allen, wenigstens ein Dutzend Männer und Frauen unterschiedlichster Nationen waren bereits vor ihm angekommen.
Zwei rangen auf den Treppenstufen um das Privileg, sich in den Feuerschlund zu stürzen. Andere diskutierten am Fuße des Bauwerks und zwei Frauen lagen sich weinend in den Armen.

„Was ist denn hier los?“, wollte Hannes wissen und musste mehrere Sprachen versuchen, bevor ihm auf spanisch geantwortet wurde.

„Der Weltuntergang steht bevor“, schluchzte die Frau und die Männer wollen uns nicht aufsteigen lassen.“

„Das ist so gemein,“ fiel ihr die andere ins Wort. „Als ob es immer die Männer sein müssen, die die Welt retten. Scheiße wofür hab ich den jahrelang für die Emanzipation gekämpft.“

Hannes schüttelte den Kopf. Ihm gefiel es gar nicht mehr, nicht mehr der Einzige zu sein, der das Geheimnis entdeckt hatte.

„Kabbala, Koran, Popul-Vuh, Bibel und Mahabharata“, erklärten die Leute auf die Frage, wie sie auf dieses Datum gekommen waren.
„Das kann doch nicht sein, dass alle Recht haben,“ stöhnte Hannes leise.

„Mao auch!“, schrie ein Asiate dazwischen und hielt ein kleines rotes Buch in die Höhe.

Hannes verging langsam die Lust sich in den Feuersee zu stürzen, wo kam man denn da hin, wenn das jeder machen wollte.

„Kommt zusammen!“, schrie er in allen Sprachen, die er kannte und als er fast heiser war, ließen sogar die Ringer auf den Stufen von Ihrem tun ab.

„Jeder von euch will sich Opfern?“

Alle nickten.

„Und wer ist der“, Seitenblick auf die Frauen, „oder die Würdigste?“
„Ich bin noch Jungfrau!“ Hannes sah sie skeptisch an. „War mal Jungfrau,“ korrigierte sie sich.

„Lasst uns losen“, schlug der Maoist vor. Hannes nickte, wenigsten einer, der noch klar dachte.

Sie bereiteten Grashalme vor, einige lang und einer kurz. Jeder zog einen und am Ende hatte jeder einen Kurzen in der Hand.

Sie sahen einander verwirrt an und ein leises Lachen klang über die Erde. Es war 19:38 und Erde rotierte einfach weiter.