Feuer und Eis

Pyra saß am Wasser auf einem Stein und schaute hinaus auf die kochende See. Glühende Steine stürzten zischend in das Meer und zerschlugen die Schiffe der fliehenden Menschen.

„Warum tust Du das?“, fragte ein Mädchen im vom Staub grau gefärbten Kleid. Pyra schaute es an und wischte dem Kind mit dem Finger etwas Asche von der Wange.

„Es ist alles, was ich kann“, sagte sie langsam und es lag Schwermut in ihrer Stimme.

„Aber Du zerstörst unsere ganze Stadt, Du tötest unser Vieh und all die Menschen.“

Pyra zuckte mit den Schultern. „Ist das nicht der Lauf der Dinge?“

Das Mädchen schaute sie lange an und eine Träne rollte über Ihr Gesicht und fiel auf den Boden. Schließlich bestieg sie das Boot, das am Pier lag und auf sie wartete.

Pyra bückte sich und nahm das Gipskügelchen aus dem Staub, das sich aus der Träne gebildet hatte, und knetete es zwischen den Fingern, während ein Feuerball das Boot entzwei sprengte.

„Ist das alles, was ich kann?“, fragte sie sich selbst und schaute zurück zu dem Feuer speienden Berg und wieder auf die See. Vielleicht gab es da draußen noch etwas anderes, aber sie würde es nicht finden, wenn sie auf ihrer Insel blieb.

Es waren so viele Jahre. Es fiel Pyra schwer, zu gehen. Sie hatte Zivilisationen kommen und gehen sehen. Aufwachsen in ihrem Schatten und an den Hängen ihres Berges – und vernichtet von ihrem Feuer.

Ein Boot lag noch am Pier, nur eine kleine Piroge mit einem einzigen Segel. Die Planken knackten unter Pyras Füßen, sie verfärbten sich schwarz, aber das feuchte Holz fing kein Feuer.

Pyra löste die Leinen und setzte das Segel, sie schaute zurück, als der Wind sie auf das Meer drückte, und sah die Lavaströme ihren Strand begraben, als wollten sie ihr nachfolgen.

Drei Tage schob sie der Wind über das Wasser dahin, bevor ein Land in Sicht kam. Es war grün, bedeckt von Bäumen, die so groß waren, wie Pyra sie auf ihrer Insel nie gesehen hatte.

Sie hatte sie ja stets verbrannt, wie alles Leben in ihrer Nähe, bevor sie so groß werden konnten, dachte sie mit Bedauern und erinnerte sich an das Mädchen, das mit ihr gesprochen hatte.

Sie segelte weiter aus Angst auch hier nur verbrannte Erde zurückzulassen.

Nach vier Tagen kam erreichte sie ein anderes Ufer, es war karg. Nur wenige Gräser wiegten sich in der Brise, die von der See ins Landesinnere wehte. Sonst war alles Sand über dem die Hitze flirrte.
Pyra zog ihren Kahn auf den Strand und legte sich in die Sonne. Die warmen Strahlen kitzelten ihre Haut und sie fühlte sich wohl.

Wenn ihr langweilig wurde, schmolz Pyra den Sand zu Gebilden aus Glas. Sie waren schön, aber sie waren tot. Und außer ihr selbst war niemand da, der sie bewunderte. Pyra spürte die Leere in ihrem Herzen, selbst ihren Vulkan hatten die Menschen bestaunt, selbst noch, wenn er sie vernichtete.

Als der Strand mit Figuren übersät war, zerschlug Pyra sie. Jede einzelne, bis der Strand voll war von den Splittern. Sie war wütend auf den Sand und das Glas, aber vor allem auf sich selbst. So schön die Dinge in der Sonne funkelten, dies war nicht, was sie wollte. Denn es war bedeutungslos, wenn sie allein war.

Also zog Pyra ihren Kahn wieder vom Strand und ließ sich durch den Wind treiben.

Es dauerte fünf Tage, bis sie wieder Land sah. Erst erkannte sie es nicht. Alles war weiß. Mehr wie Wolken, als wie Land.

Es zischte, als sie das Ufer betrat und Dampf stieg in Schwaden vom gefrorenen Boden auf.

„Was tust Du da?“, fragte eine Stimme hinter Pyra, und als sie sich umdrehte, stand ein Mann, in dicke Felle gehüllt, hinter ihr.

„Nichts,“ sagte Pyra schnell und schaute in das Wasser, das sich zu ihren Füßen gebildet hatte. Sie bemühte sich das Feuer zu kontrollieren, aber das ging immer nur ein paar hundert Jahre gut.

Langsam bildete sich wieder Eis auf der Pfütze und Pyra begann zu zittern. Der Mann legte ihr eines seiner Fälle um die Schultern.

„Hör nicht auf,“ bat er und sie sah ihn verständnislos an.

„Aber ich werde Dein ganzes Land zum Schmelzen bringen,“ klagte sie.

Der Mann lachte. „Nein das schaffst Du nicht aber flüssiges Wasser braucht es für das Leben und ich würde so gern mal wieder eine Blume blühen sehen.“

Da lächelte Pyra und schmolz das Eis.